Aktuelles:
Sommertagung 16.05.-18.05.25 in München
Die Sommertagung findet vom 16. bis 18. Mai 2025 statt mit dem Thema:
"Deaf Identity - Zwischen Sprache und Kultur.
Persönlichkeitsentfaltung von Kindern und Jugendlichen mit einer Hörbehinderung"
Es warten spannende Beiträge in DGS – von Einführungsvortrag bis hin zu Workshops – auf euch!
Infos zu Referierenden folgen!
Anmeldung für Berlin und München: vom 1.3. bis 21.3.25 bei euren Stadträt*innen!
Für Teilnehmende aus München gibt es einen verlängerten Anmeldezeitraum bis 9.5.25.
Anmeldung für Hamburg und Heidelberg: folgt in Kürze
Anmeldung für Köln: folgt in Kürze
Teilnahmegebühr: 60€
Für die Teilnehmenden aus München gibt es bis zum 21.3.25 die Möglichkeit einer Vergünstigung.
Wir freuen uns auf euch!
Abschluss der Wintertagung 2025
Kürzlich beim BSGS:
Wintertagung 17.01.-19.01.25 in Heidelberg
Die Wintertagung fand vom 17. bis 19. Januar 2025 statt mit dem Thema:
„How to… Deaf Didactics –
Denkmuster von Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderung im Unterricht berücksichtigen“
Es waren spannende Beiträge in DGS – von Einführungsvortrag bis hin zu Workshops – von Referierenden von SignGes vom Kompetenzzentrum für Gebärdensprache und Gestik aus der Forschung und Lehre der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen und
der Immenhoferschule, das sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum in Stuttgart.
In der Mitgliederversammlung wurde der 1. und 2. Vorsitz neu gewählt.
Wir bedanken uns bei Yvonne und Nora für eure Zeit, euren Input und euer Engagement in den letzten Jahren!
Und wir begrüßen herzlich Hanna im 1. Vorsitz und Lea im 2. Vorsitz!
Wir freuen uns, dass ihr da wart!
Ohne Sprache keine Bildung
– Positionspapier des BSGS e.V. zum Stellenwert der Gebärdensprache
in Schule und Studium
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der UN-Behindertenrechtskonvention haben wir, der BSGS e.V., ein Positionspapier mit dem Titel „Ohne Sprache keine Bildung“ verfasst und verabschiedet.
Wir erachten den Stellenwert der Gebärdensprache in der Lehrer*innenausbildung als nicht ausreichend, um Schüler*innen eine bimodale-bilinguale Bildung und DGS als Unterrichtsfach ermöglichen zu können.
Um den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe und Bildung verwirklichen zu können, muss die gebärdensprachliche Qualifikation angehender sowie bestehender Lehrkräfte gefördert und verbessert werden.
Gerne darf unser Positionspapier gelesen und verbreitet werden. Außerdem freuen wir uns sehr über Reaktionen bezüglich des Positionspapiers!
Letzte Überarbeitung des Positionspapiers im März 2025.
„Sprache ist funktional für das intelligente Verarbeiten von Wissen, wahrgenommener äußerer und innerer Wirklichkeit“ (Hoffmann 2011, S. 166).
Eine nicht vollständig erworbene Sprache führt in der Konsequenz zu kognitiven und sozialemotionalen Rückständen (Hintermair et. al. 2014). Eine Hörbehinderung kann ein Risikofaktor für eine verzögerte und nicht vollständige Ausbildung einer Sprache sein, wenn die Kommunikation nicht an die Wahrnehmungsbedingungen des Individuums angepasst ist (Mayberry et. al. 2002). Die „Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache [...] ausgebildet sind“, wie es seit zehn Jahren in der UN-Behindertenrechtskonvention (Artikel 24) rechtlich verankert und gefordert ist, kann eine entsprechende Kommunikation gewährleisten.
Aus diesem Grund fordern wir, in Bildungseinrichtungen die konsequente Berücksichtigung von laut- UND gebärdensprachlichen Angeboten von Anfang an für Menschen mit einer Hörbehinderung zu veranlassen. Denn ein bimodal-bilingualer Sprachzugang gilt unabhängig von Hörstatus und technischer Versorgung als evidenzbasiert sichere Basis für Sprachenlernen, Bildung und Identitätsentwicklung des Individuums (Becker/Jaeger 2019; Hänel-Faulhaber 2019).
Wir sprechen uns nicht gegen eine Förderung des Lautspracherwerbs und Formen der Hörerziehung entsprechend der individuellen Fähigkeiten aus, aber wir treten dafür ein, allen Schüler*innen den Zugang zur Gebärdensprache zu eröffnen und ihnen somit die Option zu bieten, ihren Erwerb zu ermöglichen. Denn „[w]er nie DGS ausprobiert hat, kann auch nicht beurteilen, ob diese in verschiedenen Lebenssituationen eine Alternative böte“ (Becker 2014, S. 409). Darüber hinaus fordern wir uneingeschränkte gebärdensprachliche Kommunikation im Unterricht für diejenigen, die diese für eine gelingende Kommunikation benötigen und frei wählen.
Aus der Forschung ist seit längerer Zeit bekannt, dass der Erwerb einer Gebärdensprache den Lautspracherwerb nicht behindert, sondern mitunter fördern kann (z.B. Davidson et. al. 2014). Blickt man auf die sprachliche Vielfalt der hörbehinderten Kinder und Jugendlichen sowie die unterschiedlichen technischen Versorgungen, bietet eine bimodal-bilinguale Sprachbildung in (mindestens) einer Laut- und Gebärdensprache „ein Sicherheitsnetz“ für den Erstspracherwerb (vgl. Becker/Jaeger 2019, 88; Bavelier et. al. 2003). Der frühe Erwerb einer Gebärdensprache erfolgt dabei ebenso natürlich wie der einer Lautsprache (Hänel-Faulhaber 2014). Die Beherrschung mindestens einer Erstsprache bildet das Fundament für den Erwerb weiterer Sprachen, zu denen auch die Schriftsprache zählt (Becker/Jaeger 2019; Mayberry 2007).
Als hauptsächliche Barriere für die Umsetzung der sprachlichen Gleichberechtigung in den Schulen für den Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation kann der Mangel an Fachpersonal angeführt werden. Dieser äußert sich u. a. in der unzureichenden Gebärdensprachkompetenz auch neuer Lehrkräfte, die durch die universitäre Ausbildung forciert wird.
Der derzeitige Aufbau des Lehramtsstudiums der Sonderpädagogik mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation an den Universitäten Berlin, Hamburg, Köln, München und der pädagogischen Hochschule Heidelberg gesteht der Gebärdensprachlehre eine geringe bis minimale Relevanz zu. Seminare zur Gebärdensprachlehre gehen in den meisten Fällen (ausgenommen der Studiengang Gebärdensprachpädagogik an der HU Berlin) nicht über zwei verpflichtende Gebärdensprachkurse im gesamten Studium hinaus. Gemessen am „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache“ können Studierende mit diesem Angebot am Ende ihres Studiums über ein Sprachniveau A1-A2 verfügen. Auf dieser Sprachstufe ist eine Verständigung in „einfachen, routinemäßigen Situationen“ (GER-DGS, Raster für A2) möglich, eine an den geltenden Bildungsstandards ausgerichtete Unterrichtung hörbehinderter Schüler*innen auf und in Gebärdensprache ist so kaum zu gewährleisten. Schon in den Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Hören aus dem Jahr 1996 wird gefordert: „Sowohl der Erwerb der manuellen Kommunikationsmittel als auch der fortwährende Austausch über diese Sprachsysteme muss in der Lehrerausbildung [...] erfolgen“ (KMK 1996, 25). Für alle angehenden Lehrkräfte, deren Studienziel die Unterrichtung hörbehinderter Schüler*innen ist, ist für eine gebärdensprachliche fachlich-angemessene Ausbildung zu sorgen, unabhängig davon, ob es im ersten oder zweiten Förderschwerpunkt studiert wird.
Im Kontext der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erscheint eine den schulischen kommunikativen Anforderungen angemessene Qualifikation angehender Lehrkräfte in der Deutschen Gebärdensprache unerlässlich. So ist es Aufgabe der Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die „das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen“ (UN-Behindertenrechtskonvention, S. 22) erleichtern. Hier (u.a.) bei der Lehrkräfteausbildung anzusetzen, liegt auf der Hand.
Zentrale Aufgabe der Bildung und Erziehung von Schüler*innen mit einer Hörbehinderung ist unserer Ansicht nach die Förderung der Kommunikationsfähigkeiten und des Aufbaus verschiedener Sprachen (bspw. DGS, deutsche Schriftsprache, deutsche Lautsprache), die den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht wird. Dabei sollte jede Person, unabhängig ihres Hörstatus und ihrer technischen Versorgung, in ihrer Schullaufbahn die Wahl über die von ihr präferierte Kommunikationsmodalität (auditiv, auditiv-visuell, visuell) haben können. Um in den Schulen diese Wahl überhaupt gewährleisten zu können, ist die Implementierung einer angemessenen Gebärdensprachlehre in den entsprechenden Studiengängen unabdingbar. Wir fordern am Ende des Studiums ein Sprachniveau von B2-C1, das nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache beurteilt und somit national vergleichbar wird.
März 2025
Literatur:
Bavelier, Daphne/ Newport, Elissa/ Supalla, Ted (2003): Signed or spoken: Children need natural languages. In: Cerebrum 5, 19-32.
Becker, Claudia (2014): Sprachliche Vielfalt hörgeschädigter Kinder und Jugendlicher - Bilinguale bimodale Sprachbildung in heterogenen Lerngruppen. In: Das Zeichen 98, 398-413.
Becker, Claudia/ Jaeger, Hanna (2019): Deutsche Gebärdensprache. Mehrsprachigkeit mit Laut- und Gebärdensprache. Tübingen: Narr Francke Attempto.
Davidson, K./Lillo-Martin,D./ Pichler D.C. (2014): Spoken English Language Development Among Native Signing Children With CochlearImplants. In: Journal of Deaf Studies and Deaf Education, 238-250.
GER-DGS: Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache: https://www.idgs.unihamburg.de/forschung/forschungsprojekte/ger-dgs.html (Stand: 05.08.2019).
Hänel-Faulhaber, Barbara (2014): Bimodal-bilingualer Spracherwerb (Gebärdensprache/Lautsprache). In: Chilla, Solveig/ Haberzettl, Stefanie (Hrsg.): Handbuch Spracherwerb und Sprachentwicklungsstörungen. Mehrsprachigkeit. München: Elsevier, 209-213.
Hänel-Faulhaber, Barbara (2019): Bimodal-bilinguales Lernen in heterogenen Lerngruppen - Beiträge aus der Grundlagenforschung für die Praxis. In: HörPäd 3, 134-142.
Hintermair, Manfred/ Knoors, Harry/ Marschark, Marc (2014): Gehörlose und schwerhörige Schüler unterrichten. Psychologische und entwicklungsrelevante Grundlagen. Heidelberg: Median Verlag.
Hoffmann, Ludger (2011): Kommunikative Welten - das Potential menschlicher Sprache. In: Hoffmann, Ludger/ Leimbrink, Kerstin/ Quasthoff, Uta: Die Matrix der menschlichen Entwicklung. Berlin/ Boston, De Gruyter, 165-209.
Kultusministerkonferenz (1996): Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Hören:
https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1996/1996_05_10-FS-Hoeren.pdf (Stand: 16.08.2019).
Mayberry, Rachel I./ Lock, Elizabeth/ Kazmi, Hena (2002): Linguistic ability and early language exposure. In: Nature 417, 38.
Mayberry, Rachel I. (2007): When timing is everything: Age of first-language acquisition effects on second-language learning. In: Applied Psycholinguistics 28, 537-549.
UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die amtliche gemeinsame Übersetzung von Deutschland, Österreich, Schweiz und Lichtenstein:
https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf__blob=publicationFile&v=2 (Stand:05.08.2019).
Förderung
Der BSGS e.V. wird gefördert durch: