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Abschluss der Sommertagung 2023

Bundesverband der Studierenden

der Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik e. V. (BSGS)

Ohne Sprache keine Bildung

– Positionspapier des BSGS e.V. zum Stellenwert der Gebärdensprache

in Schule und Studium



Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der UN-Behindertenrechtskonvention haben wir, der BSGS e.V., ein Positionspapier mit dem Titel „Ohne Sprache keine Bildung“ verfasst und verabschiedet.

Wir erachten den Stellenwert der Gebärdensprache in der Lehrer*innenausbildung als nicht ausreichend, um Schüler*innen eine bimodale-bilinguale Bildung und DGS als Unterrichtsfach ermöglichen zu können.  

Um den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe und Bildung verwirklichen zu können, muss die gebärdensprachliche Qualifikation angehender sowie bestehender Lehrkräfte gefördert und verbessert werden.

 

Gerne darf unser Positionspapier gelesen und verbreitet werden. Außerdem freuen wir uns sehr über Reaktionen bezüglich des Positionspapiers!  




Ohne Sprache keine Bildung – Positionspapier des BSGS e.V.

zum Stellenwert der Gebärdensprache

in Schule und Studium



„Sprache ist funktional für das intelligente Verarbeiten von Wissen, wahrgenommener äußerer und innerer Wirklichkeit“ (Hoffmann 2011, S. 166).


Eine nicht vollständig erworbene Sprache führt in der Konsequenz zu kognitiven und sozial-emotionalen Rückständen (Hintermair et. al. 2014). Eine Hörbehinderung kann ein Risikofaktor für eine verzögerte und nicht vollständige Ausbildung einer Sprache sein, wenn die Kommunikation nicht an die Wahrnehmungsbedingungen des Individuums angepasst ist (Mayberry et. al. 2002). Die „Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache [...] ausgebildet sind“, wie es seit zehn Jahren in der UN- Behindertenrechtskonvention (Artikel 24) rechtlich verankert und gefordert ist, kann eine entsprechende Kommunikation gewährleisten.

Aus diesem Grund fordern wir, in Bildungseinrichtungen die konsequente

Berücksichtigung von laut- UND gebärdensprachlichen Angeboten von Anfang an für

Menschen mit einer Hörbehinderung zu veranlassen. Denn ein bimodal-bilingualer

Sprachzugang gilt unabhängig von Hörstatus und technischer Versorgung als evidenzbasiert sichere Basis für Sprachenlernen, Bildung und Identitätsentwicklung des Individuums (Becker/Jaeger 2019; Hänel-Faulhaber 2019).


Wir sprechen uns nicht gegen eine Förderung des Lautspracherwerbs und Formen der

Hörerziehung entsprechend der individuellen Fähigkeiten aus, aber wir treten dafür ein, allen Schüler*innen den Zugang zur Gebärdensprache zu eröffnen und ihnen somit die Option zu bieten, ihren Erwerb zu ermöglichen. Denn „[w]er nie DGS ausprobiert hat, kann auch nicht beurteilen, ob diese in verschiedenen Lebenssituationen eine Alternative böte“ (Becker 2014, S.409). Darüber hinaus fordern wir uneingeschränkte gebärdensprachliche Kommunikation im Unterricht für diejenigen, die diese für eine gelingende Kommunikation benötigen und frei wählen.

Aus der Forschung ist seit längerer Zeit bekannt, dass der Erwerb einer Gebärdensprache den Lautspracherwerb nicht behindert, sondern mitunter fördern kann (z.B. Davidson et. al. 2014). Blickt man auf die sprachliche Vielfalt der hörbehinderten Kinder und Jugendlichen sowie die unterschiedlichen technischen Versorgungen, bietet eine bimodal-bilinguale Sprachbildung in (mindestens) einer Laut- und Gebärdensprache „ein Sicherheitsnetz“ für den Erstspracherwerb (vgl. Becker/ Jaeger 2019, 88; Bavelier et. al. 2003). Der frühe Erwerb einer Gebärdensprache erfolgt dabei ebenso natürlich wie der einer Lautsprache (Hänel-Faulhaber 2014). Die Beherrschung mindestens einer Erstsprache bildet das Fundament für den Erwerb weiterer Sprachen, zu denen auch die Schriftsprache zählt (Becker/Jaeger 2019; Mayberry 2007).

Als hauptsächliche Barriere für die Umsetzung der sprachlichen Gleichberechtigung in den Schulen für den Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation kann der Mangel an Fachpersonal angeführt werden. Dieser äußert sich u. a. in der unzureichenden Gebärdensprachkompetenz auch neuer Lehrkräfte, die durch die universitäre Ausbildung forciert wird.

Der derzeitige Aufbau des Lehramtsstudiums der Sonderpädagogik mit dem

Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation an den Universitäten Berlin, Hamburg, Köln, München und der pädagogischen Hochschule Heidelberg gesteht der Gebärdensprachlehre eine minimale Relevanz zu. Seminare zur Gebärdensprachlehre gehen in den meisten Fällen (ausgenommen der Studiengang Gebärdensprachpädagogik an der HU Berlin) nicht über einen Gebärdensprachkurs im gesamten Studium hinaus. Gemessen an dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache können Studierende mit diesem Angebot am Ende ihres Studiums über ein Sprachniveau A1-A2 verfügen. Auf dieser Sprachstufe ist eine Verständigung in „einfachen, routinemäßigen Situationen“ (GER-DGS, Raster für A2) möglich, eine an den geltenden Bildungsstandards ausgerichtete Unterrichtung hörbehinderter Schüler auf und in Gebärdensprache ist so kaum zu gewährleisten. Schon in den Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Hören aus dem Jahr 1996 wird gefordert: „Sowohl der Erwerb der manuellen Kommunikationsmittel als auch der fortwährende Austausch über diese Sprachsysteme muss in der Lehrerausbildung [...] erfolgen“ (KMK 1996, 25). Für alle

angehenden Lehrkräfte, deren Studienziel die Unterrichtung hörbehinderter Schüler ist,

ist für eine gebärdensprachliche fachlich angemessene Ausbildung zu sorgen, unabhängig davon, ob es im ersten oder zweiten Förderschwerpunkt studiert wird.

Im Kontext der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erscheint eine den

schulischen kommunikativen Anforderungen angemessene Qualifikation angehender Lehrkräfte in der Deutschen Gebärdensprache unerlässlich. So ist es Aufgabe der Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die „das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen“ (UN-Behindertenrechtskonvention, S. 22) erleichtern. Hier (u.a.) bei der Lehrerausbildung anzusetzen, liegt auf der Hand.


Zentrale Aufgabe der Bildung und Erziehung von Schüler*innen mit einer Hörbehinderung ist unserer Ansicht nach die Förderung der Kommunikationsfähigkeit und der Aufbau eines gelingenden Sprachsystems, das den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht wird. Dabei sollte jeder Mensch, unabhängig seines Hörstatus und seiner technischen Versorgung, in seiner Schullaufbahn die Wahl über das von ihm präferierte

Kommunikationssystem (auditiv, auditiv-visuell, visuell) haben können. Um in den Schulen diese Wahl überhaupt gewährleisten zu können, ist die Implementierung einer angemessenen Gebärdensprachlehre in den entsprechenden Studiengängen unabdingbar. Wir fordern am Ende des Studiums ein Sprachniveau von B2-C1, das nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache beurteilt und somit national vergleichbar wird.


Dezember 2019



Literatur:

Bavelier, Daphne/ Newport, Elissa/ Supalla, Ted (2003): Signed or spoken: Children need natural languages. In: Cerebrum 5, 19-32.

Becker, Claudia (2014): Sprachliche Vielfalt hörgeschädigter Kinder und Jugendlicher - Bilinguale bimodale Sprachbildung in heterogenen Lerngruppen. In: Das Zeichen 98, 398-413.

Becker, Claudia/ Jaeger, Hanna (2019): Deutsche Gebärdensprache. Mehrsprachigkeit mit Laut- und Gebärdensprache. Tübingen: Narr Francke Attempto.

Davidson, K./Lillo-Martin,D./ Pichler D.C. (2014): Spoken English Language Development Among Native Signing Children With CochlearImplants. In: Journal of Deaf Studies and Deaf Education, 238-250.

GER-DGS: Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Deutsche Gebärdensprache: https://www.idgs.unihamburg.de/forschung/forschungsprojekte/ger-dgs.html (Stand: 05.08.2019).

Hänel-Faulhaber, Barbara (2014): Bimodal-bilingualer Spracherwerb (Gebärdensprache/Lautsprache). In: Chilla, Solveig/ Haberzettl, Stefanie (Hrsg.): Handbuch Spracherwerb und Sprachentwicklungsstörungen. Mehrsprachigkeit. München: Elsevier, 209-213.

Hänel-Faulhaber, Barbara (2019): Bimodal-bilinguales Lernen in heterogenen Lerngruppen - Beiträge aus der Grundlagenforschung für die Praxis. In: HörPäd 3, 134-142.

Hintermair, Manfred/ Knoors, Harry/ Marschark, Marc (2014): Gehörlose und schwerhörige Schüler unterrichten. Psychologische und entwicklungsrelevante Grundlagen. Heidelberg: Median Verlag.

Hoffmann, Ludger (2011): Kommunikative Welten - das Potential menschlicher Sprache. In: Hoffmann, Ludger/ Leimbrink, Kerstin/ Quasthoff, Uta: Die Matrix der menschlichen Entwicklung. Berlin/ Boston, De Gruyter, 165-209.

Kultusministerkonferenz (1996): Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Hören:

https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1996/1996_05_10-FS-Hoeren.pdf (Stand: 16.08.2019).

Mayberry, Rachel I./ Lock, Elizabeth/ Kazmi, Hena (2002): Linguistic ability and early language exposure. In: Nature 417, 38.

Mayberry, Rachel I. (2007): When timing is everything: Age of first-language acquisition effects on second-language learning. In: Applied Psycholinguistics 28, 537-549.

UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die amtliche gemeinsame Übersetzung von Deutschland, Österreich, Schweiz und Lichtenstein:

https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf__blob=publicationFile&v=2 (Stand:05.08.2019).

 

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